Page 14 - Stadtwerke Stade - Stader Brise
P. 14
STADEUM
Krieg. Stell dir vor, er wäre hier.
Janne Tellers Gedankenexperiment als Eigenproduktion im STADEUM
Können Sie sich vorstellen, Ihre als deutscher Flüchtling ist fast den Audiowalk „Aliens in Stade“
Heimat zu verlassen und in den unvorstellbar. Doch Janne Teller produziert hat, eignet sich die-
Nahen Osten zu fliehen? Genau gelingt es mit ihrem kurzen Text, ser Text nun für die erste Eigen-
diesem Gedankenexperiment den Weg des Jugendlichen so di- produktion im Haus. Umgesetzt
stellt sich die erfolgreiche dänische rekt und ehrlich zu beschreiben, wird das Projekt von der Regis-
Schriftstellerin Janne Teller, die mit als wäre man als Leserin und Le- seurin Kathrin Mayr – allerdings
„Nichts – Was im Leben wichtig ist“ ser mit auf der Flucht. Der Text nicht auf der Bühne …
ihren großen Durchbruch hatte.
wirft Fragen zum Nachdenken Wer ist Kathrin Mayr? Die ge-
Ihr Text Krieg. Stell dir vor, er auf: Wie würde ich handeln: flie- borene Osnabrückerin ist eine
wäre hier findet gerade im Thea- hen oder bleiben? Würde ich zu- junge, freie Regisseurin. Bevor
ter viel Resonanz und wurde be- rückgehen in meine Heimat, die sie sich jedoch für ein Regie-
reits an vielen diversen Häusern aber nicht mehr dieselbe ist? Was Studium an der Hochschule für
aufgeführt. In der Aufmachung bedeutet eigentlich Heimat für Musik und Theater Hamburg
eines Reisepasses publiziert, er- mich? Diese und weitere Fragen entschloss, studierte sie erst
zählt der Text die Flucht eines sollen im April im STADEUM einmal im Bereich der Geistes-
14-jährigen Jungen in den Nahen diskutiert werden. Nach- wissenschaften. Schon während
Osten. Er flieht, weil sei- dem das STADEUM ihres Studiums in Literaturwis-
ne Heimat, Europa, vor zwei Jahren senschaft und Kunst hat sich das
vom Krieg zer- Medium Theater für Sie immer
stört wird. mehr herauskristallisiert. Gerade
Ein Leben interdisziplinäre Formen faszi-
nierten sie am Theater. Die Regie
macht es ihr heute möglich in
ganz verschiedene Projekte und
Themen einzutauchen: „Ich darf
mit unterschiedlichen Menschen Die mobile Inszenierung führt durch
und Texten arbeiten und diese die Katakomben des STADEUM.
auf bildnerische, gestalterische
Weise erfahrbar machen.“ Des- zusammen mit dem Text auf eine
wegen hat sie sich besonders ehrliche und direkte Art und Wei-
über die Anfrage, Regie im STA- se, was es heißt, als Deutsche und
DEUM zu führen, sehr gefreut. Deutscher auf der Flucht zu sein.
Das mobile Konzept, welches Was steckt hinter den Türen? Was
die Intendantin Silvia Stolz fürs passiert unter den Brettern (, die
STADEUM entworfen hat, konn- die Welt bedeuten)? Mayr möchte
Regisseurin te sie sofort überzeugen. „Die An- das Verborgene einer Reise, viel-
Kathrin Mayr frage, diesen Text nicht auf der mehr einer Flucht, entdecken,
Bühne zu inszenieren, hat mich um den Menschen im hier und
sehr angesprochen.“ Weg von jetzt die Gedanken und Gefühle
der Guckkastenbühne und das zu zeigen, von denen in den Me-
STADEUM neu entdecken, das dien nicht gesprochen wird. Das
ist eine spannende Aufgabe, so Publikum soll eine andere Per-
die Regisseurin. Dafür werden die spektive einnehmen. Viele von
„Katakomben“ des STADEUM uns erleben die Flucht anderer
Schauplatz dieser Inszenierung. nur auf dem Sofa vorm Fernse-
„Wie kann ich den Text erlebbar her. Aber was heißt es eigentlich
machen?“ Diese Frage steht für zu fliehen, eine einzige Tasche
Kathrin Mayr unter anderem zu packen und die Heimat hinter
im Mittelpunkt dieser Insze- sich zu lassen?
nierung. Das Raumkonzept Nicht nur für das Publikum wird
soll das Gedankenexperi- diese Produktion eine unge-
ment unterstützen: Das wöhnliche Erfahrung, auch für
Publikum schaut hin- die Regisseurin ist es eine neue
ter die Kulissen, nicht Herausforderung.
nur im STADEUM. „Das Wichtigste für mich ist, dass
Die Zuschauerinnen
ich ein Gefühl bekomme für den
© Karoline Weber und Zuschauer erleben Text und was da geschildert wird.